Die unterschätzten Held:innen des Spitals – Warum jede Rolle zählt
- ignatius ounde
- 17. März
- 4 Min. Lesezeit

Ein gewöhnlicher Morgen auf meiner Station – wobei es im Spital keinen wirklich „gewöhnlichen“ Tag gibt, nur Routinen. Ich bereite Antibiotika für meine Patient:innen vor. Mein Blick wandert über die sauber sortierten und beschrifteten Medikamente – sorgfältig vorbereitet von der Nachtschicht. Jede Dosis, jedes Präparat muss überprüft werden. Während ich eine Ampulle aufziehe, höre ich Schritte auf dem Flur.
„Kannst du bitte hier unterschreiben?“
Ein vertrauter Satz. Ich drehe mich um und sehe Miro, den Lieferanten, in der Tür stehen. In seinen Händen hält er eine auffällig rote Box – die Chemotherapie-Lieferung. Heute ist er besonders müde – seine Frau hat vor ein paar Wochen Zwillinge bekommen.
„Na, hast du gut geschlafen?“ frage ich ihn.
„Nicht wirklich, aber es geht“, antwortet er mit einem müden Lächeln.
Ich unterschreibe auf seinem Smartphone, er scannt meinen Badge und nickt mir zu. „Schönen Tag noch.“
„Mach einen Powernap über Mittag“, rufe ich ihm nach, während er schon um die Ecke verschwindet.
Einen Moment bleibe ich stehen. Der Ablauf ist Routine – mehrmals am Tag bringen Lieferanten Medikamente, Infusionen oder Verbrauchsmaterial. Sie haben keinen direkten Kontakt zu den Patient:innen, aber ohne sie könnten wir unsere Arbeit nicht machen. Ich nehme die Box mit der Chemotherapie, überprüfe die Namen auf den Etiketten und stelle sie in den Medikamentenkühlschrank. Jede dieser Infusionen bedeutet für einen Menschen Hoffnung – eine Chance auf Heilung oder zumindest mehr Zeit.
Putzfee mit Ninja-Moves
Als ich die leeren Boxen zum Abholplatz schiebe, erscheint eine weitere vertraute Gestalt: Sarah, eine unserer Reinigungskräfte. Sie lehnt im Türrahmen und fragt:
„Kann ich das Medikamentenzimmer jetzt sauber machen?“
Ich nicke. „Ja, ich bin fertig.“
Sarah lächelt dankbar und beginnt mit ihrer Arbeit. Ihre Bewegungen sind präzise, jeder Handgriff sitzt. Sie ist die akkurateste Person, die ich kenne – seit meinem ersten Tag hier vor zwei Jahren weiss ich, welche Standards erwartet werden. Wenn es nach mir ginge, wäre sie längst Mitarbeiterin des Jahres. Leider wird ihre Arbeit oft nicht genug gewürdigt.
Während sie summend den Boden wischt, werfe ich einen letzten Blick auf den Kühlschrank. Alles ist sicher verstaut. Ich verlasse den Raum.
Wo Essen zum Event wird
Ich gehe den Flur entlang und treffe die Mitarbeitenden der Hotellerie. Sie sorgen dafür, dass die Patient:innen ihr Essen zur richtigen Zeit und in der richtigen Form erhalten. Es ist eine logistische Herausforderung, denn die Bedürfnisse sind unterschiedlich – einige brauchen pürierte Kost, andere eine spezielle Diät. Ich sehe, wie einer der Mitarbeitenden ein Essenstablett mit einem freundlichen Lächeln an ein Zimmer bringt. Eine kleine Geste, die für Patient:innen, die oft einen schweren Tag haben, einen grossen Unterschied macht.
Ein verrücktes Ensemble von Held:innen
Auf unserer Station mit 21 Betten arbeiten 22 Pflegende – von Auszubildenden bis hin zu Pflegeexpert:innen. Hinzu kommen bis zu vier Stationsärzte, zwei bis drei Physiotherapeut:innen, eine Hotellerie-Mitarbeiterin und zwei Reinigungskräfte, die wir täglich zählen können. Doch das ist nur unser Kernteam. Darüber hinaus gibt es die Menschen, die nicht fest zur Station gehören, aber täglich oder regelmässig auftauchen: die Lieferanten, die Techniker, das Apothekenpersonal und viele mehr, die nicht direkt in die Patientenversorgung involviert sind. Sie alle tragen dazu bei, dass unser Spital funktioniert und wir uns voll und ganz auf die Versorgung unserer Patient:innen konzentrieren können.
Ohne die Reinigungskräfte würde sich Keime ungehindert verbreiten, und die Patient:innen könnten sich mit gefährlichen Infektionen anstecken. Ohne die Hotellerie würden viele Kranke keine bedarfsgerechte Ernährung bekommen – eine entscheidende Unterstützung für die Genesung. Ohne die Techniker blieben Monitore dunkel und Betten defekt.
Es sind nicht nur Ärzt:innen und Pflegekräfte, die das Spital am Laufen halten. Viel zu oft wird die Arbeit derer, die nicht direkt an der Patientenversorgung beteiligt sind, übersehen. Dabei sind sie es, die eine essenzielle Rolle spielen. Sie sind die unsichtbaren Helden unseres Alltags – und ohne sie wäre unsere Arbeit nicht möglich.
Und damit all diese Menschen harmonisch zusammenarbeiten können, gibt es eine Person, die selten im Vordergrund steht, aber essenziell für den reibungslosen Ablauf ist: unsere Abteilungssekretärin bzw. -koordinatorin. Sie ist diejenige, bei der ich meine Probleme und Wünsche abladen kann – und ich weiss, dass ich mich danach nicht mehr darum kümmern muss. Sie ist das (un)sichtbare, aber unglaublich wichtige Bindeglied im gesamten System.
Die unsichtbaren Superheld:innen: Sie retten Leben, ohne Umhang
Ich denke an Miro, der trotz Schlafmangels seine Runden dreht, an Sarah, die mit grösster Sorgfalt für Hygiene sorgt, und an die Mitarbeitenden der Hotellerie, die mit Freundlichkeit und Engagement dazu beitragen, den Patient:innen den Tag etwas angenehmer zu machen.
Ein Spital ist mehr als nur ein Gebäude mit medizinischer Ausstattung. Es ist ein komplexes System, in dem jede:r Einzelne eine Rolle spielt. Wenn wir über Wertschätzung im Gesundheitswesen sprechen, dann sollten wir nicht nur an Ärzt:innen und Pflegekräfte denken. Es sind alle, die ihren Teil dazu beitragen, dass ein Spital funktionieren kann.
Vielleicht sollten wir das nächste Mal, wenn wir einem dieser unsichtbaren Helden begegnen, innehalten und „Danke“ sagen. Denn ohne sie gäbe es keine funktionierende Patientenversorgung – und keine Hoffnung auf Heilung.
Einfach wundervoll! Wir sollten uns wirklich wieder auf das Positive ausrichten. Nur so kann eine nachhaltige Veränderung implementiert werden. Meint nicht, dass die Abwesenheit von Negativität, gleich positive Veränderung ist. Der Blick auf die Gesamtheit aller Akteure, ist von großer Bedeutung. Die Energie, die damit freigesetzt wird, kann für alle heilsam sein. Ein Lächeln kann soviel verändern ….!